FRANCISCO LOMBARDI –  
        Zwischen sozialer Wirklichkeit und literarischer Verfilmung
      24 Jahre sind verstrichen seit Francisco Lombardi seinen ersten Spielfilm 
        Muerte al amanecer (Tod im Morgengrauen 1977) drehte. In dieser Zeit hat 
        er sieben weitere Filme gedreht, auf den ersten Blick ein nicht sehr umfangreiches 
        Oeuvre. Bei näherer Betrachtung seines Werkes werden die Gründe 
        hierfür deutlich.  
        Lombardis aufwendiger Arbeitsstil benötigt zwischen einem Film und 
        dem Nächsten viel Zeit. Die sorgfältige Bearbeitung der Drehbücher 
        zusammen mit den Autoren, die Zeichnung glaubwürdiger Charaktere 
        mit psychologischer und emotionaler Konsistenz und die ebenso sorgfältigen 
        Dreharbeiten führen zu einer minutiösen Präzisionsarbeit. 
        Hierfür nimmt er sich seine Zeit, ohne sich unter Druck setzen zu 
        lassen.  
        Ein weitere Erklärung wäre die Situation der Filmproduktion 
        seines Heimatlandes: Peru ist ein Land ohne nennenswerte Filmindustrie, 
        mit einem sehr kleinen Markt, bei dem die Kosten einer Filmproduktion 
        nur sehr schwer wieder eingenommen werden können. Damit ist es nach 
        wie vor sehr schwierig, Filme zu produzieren.  
        Trotz dieser Schwierigkeiten hat es Lombardi geschafft, sich zu einem 
        der renommiertes-ten Regisseure Lateinamerikas hochzuarbeiten und bietet 
        uns ein Werk voller Kohärenz, eine eigene Filmsprache ohne großen 
        technischen Aufwand und eine klare und lineare Erzählstruktur.  
        In dieser Reihe möchten wir Ihnen eine Auswahl seiner Filme näher 
        bringen: Filme, die die Konstante seines Schaffens darstellen. Hierzu 
        möchten wir den Regisseur in einer kurzen Biofilmographie vorstellen: 
         
        Franciscco José Lombardi Oyarzún wurde 1949 in Tacna (Peru) 
        geboren, studierte dort und in Lima und reiste 1968 nach Argentinien, 
        wo er an der Filmhochschule in Santa Fe studierte bis sie schließlich 
        von den Militärs geschlossen wurde. Er kehrte nach Peru zurück, 
        um seine Ausbildung als Filmregisseur zu beenden und arbeitete anfangs 
        aufgrund der kaum vorhandenen Filmproduktion als Journalist. Ein Beruf, 
        den er mit dem des Filmkritikers gut kombinieren konnte.  
        Nach der Verabschiedung des peruanischen Filmgesetzes konnte er 1974 seine 
        eigene Produktionsfirma Inca Films gründen. Bis 1977 drehte er Kurzfilme, 
        die sofort mehrere Auszeichnungen bekamen.  
        Muerte al amanecer (Tod im Morgengrauen 1977) ist sein erster Spielfilm. 
        Später kamen Los amigos (Die Freunde 1978), eine Episode der ‘Cuentos 
        inmortales’, der Unsterblichen Geschichten, Muerte de un magnate (Tod 
        eines Magnaten 1980), Maruja en el infierno (Maruja in der Hölle 
        1983), und La ciudad y los perros (Die Stadt und die Hunde 1985), nach 
        dem gleichnamigen Roman von Mario Vargas Llosa, der beim Filmfestival 
        in Biarritz und in San Sebastian ausgezeichnet wurde, hinzu.  
        Mit La boca del lobo (Der Rachen des Wolfes 1988) ist Francisco Lombardi 
        der erste peruanische Filmemacher, der sich mit dem Thema der Gewalt und 
        des schmutzigen Krieges, der Peru Anfang der Achtziger an den Rand des 
        Abgrundes brachte, auseinander setzt. Der Film spielt in Ayacucho in den 
        Jahren zwischen 1980 bis 1983, als der Terror des ‘Leuchtenden Pfades’ 
        beginnt, und dringt in das Spannungsfeld zwischen den verfeindeten Parteien 
        ein, wobei er die Verbrecher beider Seiten gleichermaßen angreift. 
        Das Drehbuch entstand in Zusammenarbeit mit den Sozialwissenschaftlern 
        Carlos Iván Degregori und Gustavo Gorriti, den bedeutendsten Sendero-Experten 
        des Landes.  
        Mit Caídos del cielo (Vom Himmel gefallen 1990) beschäftigt 
        sich Lombardi mit dem Überlebenskampf in den Zeiten des Neoliberalismus: 
        ein erschütterndes und trauriges Besinnen auf Leben und Tod, auf 
        Hoffnungslosigkeit und den Verlust von Träumen. Der Film wurde in 
        Kanada (Grand Prize of the Americas), Belgien (Luis Buñuel Preis) 
        und Spanien (Goya-Preis für den Besten Film) ausgezeichnet.  
        1994 dreht er Sin compasión (Ohne Erbarmen) frei nach Dostojewskis 
        ‘Schuld und Sühne’, der in Cannes gezeigt wird.  
        Zwei Jahre später ensteht Bajo la piel (Unter die Haut), ein Film 
        um eine Mordserie in einer kleinen peruanischen Provinzstadt, der den 
        Geist der präkolumbischen Moche-Kultur mit Edgar-Allan-Poe-Geschichten 
        zu einem unheimlichen Thriller vermischt.  
        Bei No se lo digas a nadie (Sag es niemandem weiter), der beim CineLatino 
        2000 gezeigt wurde, beschäftigt sich der peruanische Regisseur mit 
        einem ganz anderen Thema: dem Doppelleben, das ein Junge aus der Oberschicht 
        in Lima führt. Der Film, auch eine literarische Verfilmung, nach 
        dem gleichnamigen Roman von Jaime Bayly, handelt von Homosexualität, 
        Geschlechterverhältnissen und Machismo.  
        28 Jahre nachdem Mario Vargas Llosa seinen eigenen Roman ‘Pantaleón 
        y las visitadoras’ (Der Hauptmann und sein Frauenbatallion) verfilmte 
        - sein erster und letzter Film -, wagt sich Francisco Lombardi 1999 an 
        diese literarische Vorlage. Sein Film erzählt die Geschichte eines 
        peruanischen Hauptmannes, der mit dem Sonderauftrag betraut wird, einen 
        Trupp Prostituierter durch den Amazonasdschungel von Militärlager 
        zu Militärlager zu führen. Die Beschäftigung mit dem Militärwesen 
        erfolgt diesmal als Satire.  
        Lombardis letzter Film Tinta roja (Rote Tinte) hat als literarische Vorlage 
        den Roman des jungen chilenischen Schriftstellers Alberto Fuguet. In ihm 
        wird die Geschichte eines jungen Autoren erzählt, der sich als Journalist 
        in der Boulevardpresse durchboxen muss und dabei seine anfängliche 
        Unschuld verliert.  
        Mit dieser Reihe möchte CineLatino die Laufbahn Francisco Lombardis 
        anerkennen, indem wir sie dem deutschen Publikum näher bringen. Die 
        Literaturverfilmungen der Romane von Vargas Llosa werden im Videoformat 
        im Rahmen eines Diskussionsforums über Film und Literatur zusammen 
        mit dem Romanischen Seminar der Universität Tübingen gezeigt. 
      Alba Fominaya 
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